In einem Monat feiern meine Eltern ihre Diamantene Hochzeit.
Vor 60 Jahren haben sie sich Liebe, Treue und Zusammenhalt versprochen - und sie haben einander nicht im Stich gelassen. Durch dicke und dünne, gute und miese Zeiten sind sie miteinander gegangen, haben fünf Kinder auf ihre wunderbar-unterschiedlichen Wege geleitet und ihnen vorgelebt, was es bedeutet, wirklich für einander da zu sein.
Selbst in dem Bemühen, ihnen etwas ganz Persönliches zu ihrem Festtag zu schenken, finde ich mich nun als die Beschenkte wieder.
Wir - die Kinder und Enkel - haben beschlossen, ihnen ein ganz "persönliches Buch" zusammenzustellen. Jeder von uns sammelt Geschichten, Gedanken, Bilder oder Gedichte, die wir dann zu einem Sammelband binden lassen. (Ich hoffe, die beiden lesen hier nicht mit!!)
Ich weiß, dass meine Mama meinen Papa seit Monaten löchert, er solle ihr doch meinen Blog einmal ausdrucken, damit sie ihn in Ruhe durchschmökern könne - was (zum Glück!) bisher noch nicht geschehen war.
Ich wähnte meinen Beitrag also als gesichert!
Und dachte, ich hätte dabei gleich einen beinahe peinlich simplen Part.
Dann aber verstand ich, warum mein Papa bisher in liebevoll-hartnäckigem Aufschieben Mamas Drängen ignoriert hatte: Einfach ausdrucken ist nämlich nicht!
1. sind die Beiträge in der "verkehrten" zeitlichen Abfolge
2. verlieren sie beim Drucken sämtliche Formatierungen und werden praktisch unlesbar
3. kann ich so einen Buchstabensalat unmöglich ruhigen (Grafiker-)Gewissens beisteuern.
Aber wozu verdiene ich mir mit Layout mein tägliches Brot?
Das wäre doch gelacht, wenn ich das Zeug nicht in eine ansprechende Form bekäme!
Seit zwei Tagen ackere ich nun also meine Ergüsse durch - und tauche dabei in ein Leben ein, das mir einen aufregenden Spiegel vorhält. Ich lese von Hochgefühlen und tiefen Löchern, Hoffnung und Enttäuschung, Mut und Verzweiflung, Stolz und Versagen.
Und ich spüre Anteilnahme, Freundschaft, Freude und Gemeinschaft.
Pünktlich zum Stichtag der Hochzeit wird es ein Jahr, dass ich dieses virtuelle Tagebuch begonnen habe.
Und es spiegelt sich das Leben darin - wie eine komprimierte Parallele zu der Partnerschaft, die bereits seit 60 Jahren hält.
Mein Resumée geht nur über einen Bruchteil von dem Zeitraum, den die beiden überschauen. Aber ich schöpfe aus der Beispielhaftigkeit ihres Gelingens meinen Atem.
Wieder einmal passen die Puzzleteile perfekt zusammen.
Ich habe mich zu Lisas Online-Dramaturgie-Kurs angemeldet.
Ich will nicht länger schlapp machen und mich einem selbstgemachten Druck beugen, der sich an Wunschträumen orientiert, die mir die Kraft zum nächsten Schritt rauben.
Das Geschenk an meine Mutter entpuppt sich als Augenöffner für mich.
Und ihre 60 Jahre Zuversicht und Beharrlichkeit können als Vorbild kaum übertroffen werden.
Bücher lesen heute…
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Ich habe mir vorgenommen, die Roman-Reihe „M“ von Antonio Scurati zu lesen.
Sie wird von verschiedensten Stellen hoch gelobt. Enorm viel Recherche –
und Ro...
vor 2 Wochen
3 Kommentare:
Hallo Gabi,
ich habe mich vor einigen Jahren mit einem bekannten Schriftsteller unterhalten, der meinte, dass Geheimnis des Schreibens wäre es zu erkennen, dass das Schreiben seine eigene Zeit hat.
In der Blockade, in unseren Ängsten und Depressionen sind wir nur in der Gegenwart und lassen uns vor der Vergangenheit vormachen, dass wir immer so scheitern werden wie jetzt oder früher.
Dabei vergessen wir, dass das Scheitern Teil unseres Schreibens ist und war, auch wenn wir erfolgreich waren. Das gerade das Scheitern und die Blockade oft erst den Weg für etwas Besonderes frei gemacht haben.
Deshalb ist es eine gute Sache, wenn man erkennt, dass Schreiben immer seine Zeit hat. Das es die Momente der Planung gibt, die Zeiten zum Schreiben und zum Überarbeiten, die Augenblicke etwas zu bezweifeln, dann auch Phasen der Blockade, der Depression und Angst. Und die Überwindung derselben...
Schreiben halt.
Gruss
Thomas
Mein Liebes,
sind Blogs nicht wunderbar? Wie viel von dem, was wir NICHT festhalten, entschlüpft sowohl unserer Erinnerung als auch unserem Empfinden? Da kann im tiefen tal schnell das Gefühl aufkommen: Mir gings schon immer scheiße. Oder, vielleicht noch schlimmer: früher war ALLES besser, da komm ich nie mehr hin.
Die konservierten Erinnerungen zwingen uns, die Dinge differenzierter zu sehen, frühere Löcher zu erkennen und die Kürze und Zerbrechlichkeit des ein oder anderen Hochs zu durchschauen. Und plötzlich merken wir: Es ist durchwachsen. Und das war's schon immer.
Der Online-Workshop wird dich endgültig aus der Höhle locken. Ich weiß es.
Und ich bewundere dich für jeden Schritt, den du vorher schon alleine machst!
Sei stürmisch geknutscht
von der Ruth
Ihr Lieben,
vielen Dank euch beiden für eure Beiträge, die mir aus dem Herzen sprechen. Es ist ja so wahr - im Nachhinein betrachtet, hat jedes Hoch und jedes Tief genau seinen Platz zu genau der rechten Zeit.
Das subjektive Empfinden ist der Hund, der aus dem Atemholen eine Krise macht und einen kleinen Erfolg manchmal viel zu hoch wertet. Dadurch verschieben sich die Perspektiven und eine kleine Abwärtsbewegung - oder auch nur ein Innehalten - bekommt die Dimension des freien Falls.
Es lohnt sich, hin und wieder genauer hinzusehen, um die EReignisse wieder zu relativieren und sich selbst damit auf eine Ebene zurückzuholen, auf es sich wieder zufrieden leben lässt.
Herzlich
Gabi
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