Dienstag, 27. Januar 2009

Adrenalin hoch 2

Hab ich hier schon einmal meine Telefon-Phobie gestanden?
In echt. Ich mag diese halbreale Kommunikation, bei der man sein Gegenüber zwar (verrauscht) hören kann, aber seine metaphonetische Reaktion nicht mitbekommt, eigentlich überhaupt nicht. Es kommt vor, dass ich so lange gebannt auf eine Nummer auf dem Display starre und mich nicht durchringen kann den Hörer abzunehmen, bis der Anrufer aufgibt.

Ganz anders gehts mir, wenn die Vorwahl +49 (für Deutschland) aufleuchtet.
Herzklopfen wie kurz vorm Liebesgeflüster mit einem frisch Verliebten. Vor Aufregung einen Kloß im Hals. "Deutschland" bedeutet "Verlag"!

Wie so oft im Leben habe ich wieder einmal die Chance auf ein "erstes Mal".
Diesmal wird sie mir durch den Anruf meiner Lektorin beschert.
Morgen kommen meine ersten Fahnen!
Mein erstes richtiges Buch wird immer wirklicher - morgen kann ich es in einer Urfassung zum ersten Mal in Augenschein nehmen. Zum ersten Mal gehe ich mit dem Bewusstsein über meinen Text, dass alles, was ich jetzt absegne, bald genauso erstmals von (hoffentlich!!!) vielen Menschen gelesen wird, denen ich meine Geschichte nicht aufgedrängt habe, sondern die das freiwillig tun.
Das macht feuchte Hände! Fast so feucht, wie beim Telefonieren.

So richtig feucht waren sie dann, als sie gleich noch ein "zweites Mal" dranhängt.
Fast beiläufig meint sie, dass ich mit meinem neuen Krimi für das Frühjahrs-Programm 2010 eingeplant bin. Ob sie das eigentlich schon erwähnt hätte? Und ob ich weiß, was das bedeutet?

Blöd, dass sie mein Kopfschütteln nicht sieht.
Gut, dass ihr dadurch auch mein dämlicher Blick erspart bleibt.
Wie? Was?

Ob ich es schaffe, mit dem Roman bis Juni fertig zu sein?

Weil mir klar ist, dass auch mein heftiges Kopfnicken nicht durch den Äther kommuniziert wird, krächze ich ein "Aber sicher! Ich mach das schon!" zwischen groß Schauen und ungläubig Grinsen hervor.

Und jetzt ist das Adrenalin von neulich ein hochsommerlich ausgedörrtes Rinnsal gegen das, was momentan durch meine Adern tobt. Und gleichzeitig wird dieses "zweite Mal" schon wieder zu einem "ersten Mal": zum ersten Mal schreib ich einen Text, nachdem ich dazu einen Auftrag bekommen habe.
Ob ich mich jetzt mit Fug und Recht "Autor" nennen darf? Zum ersten Mal?

Freitag, 23. Januar 2009

Adrenalin

Je näher ich dem Beginn der Schreibphase komme, desto stärker fühle ich dieses unbeschreibliche Kribbeln in mir. Ein bisschen wie vor einer großen Prüfung.
Habe ich genug gelernt? Weiß ich genau genug Bescheid? Werden Fragen kommen, die ich doch nicht so gut beantworten kann, wie ich dachte?

Heute bin ich noch einmal meinen Plot durchgegangen. Hab die Stellen markiert, von denen ich ahne, dass sie mehr von mir fordern, als ich ihnen bisher zugedacht habe. Nach Marijanas Familiengeschichte habe ich mich intensiver mit Noahs Werdegang auseinandergesetzt. Seine Mutter kennengelernt, und ihre Art, mit Problemen nicht umgehen zu können - da fällt der Apfel nicht weit vom Stamm.

Meine Lektorin hat mich ein kleines bisschen verunsichert, als sie meinte, ich sollte mich nicht zu sehr mit den "Nebenfiguren" aufhalten. Die würden den "klasse Plot" (O-Ton!) aufreißen und möglicherweise verwirren. Ich überlege mir, ob ich aus der "Geschichte in der Geschichte" vielleicht einen ganz neuen, eigenen Krimi machen und mir die vielen Recherche-Details dafür aufheben sollte. Die Option hat was Verlockendes. Prinzipiell bin ich aber davon überzeugt, dass man nie genug über sämtliche Teilnehmer in seinem Stück wissen kann. Man muss ja nicht alles gleich verwenden ;-)

Ich hoffe, ich bekomme bald meinen "inneren Startschuss"!
Denn ich bin schon wahnsinnig gespannt darauf, wie sich meine neuen Tages- und Nachtbegleiter in ihrem wirklichen Leben bewähren!

Montag, 19. Januar 2009

Kontrastprogramm

Einmal im Jahr bin ich wirklich ungenießbar. Meine Kinder meiden mich während dieser Zeit, die Kontaktaufnahme nach außen wird auf das Notwendigste reduziert und ich verschanze mich in meinem Büro hinter Bergen von Ordnern und herum(f)liegenden Rechnungszetteln.

Einmal im Jahr muss ich meine Steuererklärung fertigstellen - was in meinem Fall bedeutet, dass ich überhaupt erst damit anfangen muss, weil ich diesen elenden Zustand im beängstigenden Weltraum der Excel-Listen und Sachkonten einfach so lange vor mir herschiebe, bis mein Steuerberater vom flehenden in den strengen Ton überwechselt.

Dieses "Einmal im Jahr" war an diesem Wochenende. Und in einem masochistischen Anfall von weiser Voraussicht habe ich nicht nur die geforderte Abrechnung von 2007, sondern auch gleich von 2008 in Angriff genommen. In schätzungsweise 8 - 20 Stunden bin ich dann endlich in der Jetztzeit angekommen. Auf dass man wieder den Menschen in mir erkennen kann und die Zeit der Einsamkeit ein Ende hat.

Und dann - ich schwörs! - setze ich mich einmal im Monat auf eine Stunde hin und klapper die paar Rechnungen in die Liste. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht irgendwann zu einem lebbaren Modus finden würde. Es muss ja keine Liebesbeziehung werden (wofür ich nun wirklich garantieren kann!). Aber ich muss mir auch nicht auf ewig freiwillig kostbare Lebens-/Schreib-/Faulenzzeit stehlen. Dann doch lieber genußvolle Zeitverschwendung ...

Samstag, 17. Januar 2009

Schmutzige Wahrheiten in sauberen Westen

Eben komme ich von einem Interview, in dem ich mit Tatsachen konfrontiert wurde, die mich schaudern und an der Ehrlichkeit unserer Gesellschaft zweifeln lassen.
Für meinen neuen Krimi recherchiere ich einerseits schon längere Zeit in der Ausländerszene und andererseits im Drogenmilieu. Heute hatte ich ein Treffen mit einer gerade 18-Jährigen und ihrem 25-jährigen Freund. Beide sind im Anti-Drogen-Programm, weil sie mit "der Scheiße, die ihr Leben kontrolliert und sie zu abhängigen Idioten macht" Schluss machen wollen.
Was sie mir erzählt haben, steckt wie ein fetter Kloß in meinem Hals und lässt mich würgen, als wäre ich selbst gerade am "krachen" (Fachausdruck für "dringend einen Schuss brauchen").
Die vom Amtsarzt verschriebene Ersatzdroge macht so unausweichlich abhängig, dass du sie nicht mal absetzen kannst, wenn du die Willensstärke aufbringen könntest, dich einem kalten Entzug zu stellen. Was bei Heroin (unter Qualen und unvorstellbaren psychischen wie physischen Schmerzen) in ein bis zwei Wochen beinharter Konsequenz überstanden sein könnte, entwickelt sich Dank einer Ersatzdroge zu einer rezeptpflichtig verschriebenen lebenslänglichen Abhängigkeit.
Wilde Verschwörungstheorien drängen sich mir auf. Die Pharmaindustrie - von diesem höchst profitablen Zustand offenbar nicht wirklich erschüttert - wird von Krankenkasse und Steuerzahler gesponsert. Die Heroinabhängigen, die sich diesem Programm unterziehen, um endlich clean zu werden, kommen also vom Regen in die Traufe. Meine beiden Informanten aus der Szene würden ja am liebsten wieder aufs "Braune" umsteigen, um sich dann einen kalten Entzug geben zu können, aber es ist verdammt gefährlich, sich erneut in die Illegalität zu begeben - ganz abgesehen von der Möglichkeit, sich mit "gefälschtem Stoff" ein endgültiges Ende zu setzen. In dieser Szene gibt es keine Solidarität. Lüge, gegenseitiges Abzocken und Handlungen jenseits jeder Einschätzbarkeit macht die Junkies zu unberechenbaren Einzelkämpfern. Und die Ersatzdroge lässt sich auf dem Markt verdammt gut zu Geld machen. Viel zu viel bekämen sie als tägliche Ration verschrieben und die Kontrolle, wieviel davon sie tatsächlich einnehmen, verhielte sich wie "Justizia persönlich" - nämlich blind. Kein Wunder, dass sie - chronisch in Geldnöten - auf diese Einnahmequelle nur schwer verzichten können - wo es doch fast so aussieht, als gehörte es zum System, auf diese Weise mit der Ersatzdroge den Heroinmarkt aufmischen zu lassen ...
Die beiden jungen Leute meinen es verdammt ernst. Sie wollen ihr Leben wieder in die eigenen Hände nehmen. Ich halte ihnen die Daumen und bleibe mit ihnen in Kontakt. Dass ihnen aber von offizieller Seite der Ausstieg noch schwerer gemacht wird, als es ohnehin schon ist, stößt bei mir auf totales Unverständnis.
Oder wissen diejenigen, die für diese Ersatzdrogen verantwortlich sind, tatsächlich nicht, was der Stoff bei den Konsumenten anrichtet? Das kann ich nun beim besten Willen nicht glauben. Um das zu erfahren, müssten sie sich nur kurz auf den Karlsplatz stellen und mit den Menschen sprechen ...

Donnerstag, 15. Januar 2009

Psychologie der Ungeduld

Wer mich kennt wird seufzend zustimmen: Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Was für den Bereich "Schreiben mit Veröffentlichungsambition" meist recht kontraproduktiv weil selbstzermürbend wirkt, kann im seltenen Glücksfall aber auch richtig erlösend sein. Wie eben.
Nicht ich, nein! Die Ameisen im Hintern haben mein zusammengeschustertes Exposé an meine Lektorin geschickt - ohne lange zu überlegen (was Ameisen in einem Hintern ja selten tun ...)

Die Antwort kam so postwendend, dass ich noch nicht einmal Zeit hatte, meine Ungeduld zu bereuen oder meine Nägel auf Halbmast abzukauen. Der Plot gefällt! Wird noch heute in der Programmsitzung vorgestellt und - wenn es nach der Lektorin geht - in Kürze mit einem neuen Vertrag abgesegnet.

"Wer schneller lebt, ist schneller tot" - sagen die, die Geduld als Tugend sehen.
Mit diesem süßen Beigeschmack nehm ich mein Schicksal in Kauf. Und lebe in Saus und Braus!

Im Gegenzug schenke ich die gewonnene Zeit einem anderen Text, dem meine Ungeduld (die mir ja leider auch beim Schreiben treu zur Seite steht) etwas die Puste raubt. Olivia und ihre abenteuerliche Reise in die alte Germanen-Götterwelt bekam ebenfalls eine gute Grundidee attestiert, mit dem Auftrag, die Arme - und mit ihr den armen Leser - doch nicht so durch die Ereignisse zu hetzen. Saus und Braus muss hier also raus :-)

Dafür gibts auf der Charlie-Front einen weiteren Meilenstein zu berichten (was mich daran erinnert, dass ich durchaus auch Geduld bewiesen habe - nur der Gerechtigkeit halber sei dies hier zwischen zwei Klammern erwähnt:-)):
Mit einem Halleluja ist Charlie in den Satz gegangen und mit einer Länge von 288 Seiten wohl etwas rahmensprengend - der Hinweis, beim Nächsten doch bitte etwas auf die Länge zu achten, kam als unüberhörbarer Seufzer.
Und ich brauche einen neuen Titel. "Schach mit Dame" ist wohl etwas zu sperrig.
Mit der, mir angeborenen Ungeduld erwarte ich also das Eintreffen der Muse. Und den Rest der Entstehungsgeschichte sowieso :-))

Montag, 12. Januar 2009

Wie frisch verliebt

Die Phase, wenn das Plotgerüst schon steht, aber der Startschuss für den ersten "richtigen" Satz noch nicht gefallen ist, ist für mich wie das Warten auf ein heiß ersehntes Rendevous. Die erste Begegnung findet hundertfach statt, mal ist es ein vorsichtiges Händeschütteln, mal ein herzliches um-den-Hals-Fallen. Ich seziere die einzelnen Szenen. Ziehe den Lidstrich nach, entdecke hier und dort einen Pickel, der einer freundlichen Retousche bedarf. Überprüfe den Schnitt und Sitz der Bekleidung und versuche mich an einem objektiven Blick auf den Gesamteindruck - der angesichts der Nervosität vor dem nächsten Schritt erfahrungsgemäß eine unlösbare Forderung darstellt.
Was mich einigermaßen beruhigt ist die Tatsache, dass auch Marijana und Co nicht ungerührt sind. Ohne Unterlass senden sie neue Vorschläge, drängeln sich in ein besseres Licht, warten mit intimen Details auf und präzisieren ihre Befindlichkeiten.

Frisch Verliebte würden am liebsten den ganzen Tag von nichts anderem sprechen. Ich bin da keine Ausnahme. Ehrlich! Wenn ich könnte, gäbe es für die nächsten Wochen kein anderes Thema. Schade eigentlich, dass sich diese junge Liebe den Platz mit so viel alltäglichem Überlebenskram teilen muss.
Außer Frage steht dabei, wer gewinnt!
Jede freie Minute verbringe ich in der Gesellschaft von Haken, auslösenden Ereignissen, Plotpoints und vermeintlichen Rettungsszenen. Und ich hoffe dabei nicht nur auf ein perfektes erstes Rendevous, sondern auch auf herzliche Aufnahme bei denen, deren Meinung für mich wichtig ist.
Denn die neue Liebe ist erst richtig gut, wenn sie auch auf andere begehrlich wirkt :-)

Sonntag, 11. Januar 2009

Ruth tut gut!

Ich weiß, ich weiß, nichts mag sie weniger, als Reime auf ihren Namen ...
Aber wenns doch stimmt!
Die vier Tage bei meiner Muse, Herzens- und Schreibpartnerin hatten nicht nur einen Erholungswert von mindestens einer 14-tägigen Kreuzfahrt durch die Karibik, sondern zeitigten auch einen fertig ausgearbeiteten Plot inklusive Personen-Psychologie und stringent-logischer Handlungsabfolge. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie ich das früher mit dem Plotten hingekriegt hab - in der Pre-Ruth-Zeit.
Das Blut in meinem Adrenalinspiegel versucht erst langsam wieder die Oberhand zu bekommen.

Noch ein paar Tage Ergänzungsarbeit gönne ich mir mit meinem neuen Krimi, bevor ich ein Exposé zusammenbastle, um mir vom Verlag den offiziellen Auftrag zum Start zu holen.
Nicht, dass ich darauf warten würde - der Stoff hat sich ohnehin schon in mich eingebrannt und ich kanns kaum erwarten, mit dem richtigen Schreiben anzufangen.

Es grenzt für mich immer wieder an ein Wunder, wie sich eine Geschichte in mir ausbreitet, Gestalt annimmt und schließlich von selbst in die Tasten fließt. Die Personen sind so lebendig, dass ich nicht überrascht wäre, sie auf der Straße zu treffen. Das ist das Suchtmittel, das jeden an die Nadel hängt, der sich einmal so richtig aufs Schreiben eingelassen hat.
Im Gegensatz zu meiner bisherigen Auffassung, diese Befriedigung nur deshalb so intensiv zu erleben, weil sie der Einsamkeit des in einen Kokkon eingeschlossenen Schreiberlings entspringt, habe ich die Geburt dieser neuen Geschichte besonders beglückend als Zusammenspiel in Duett erfahren. Schreiben macht also doch nicht einsam - wenn man die verwandte Seele gefunden hat, die einer Idee das Feuerwerk entzünden kann.

Die Worte finde ich nicht, die den Grad meiner demütigen Dankbarkeit ausdrücken können. Also lass ich sie als Ahnung zwischen den Zeilen schweben.

Samstag, 3. Januar 2009

Narrisch gut

2009 wird das Jahr des Narren.
Zumindest bei meiner inzwischen schon traditionellen Tarot-Session am 1. Jänner habe ich diese Erkenntnis gewonnen. Bei kaum einem der ca. 50 Kartenbilder, die ich an diesem Abend gelegt habe, hat der Narr gefehlt.
Ich deute den Narren als das Aufsprengen von Grenzen und Verkrustungen. Unvorstellbares wird tatsächlich, Konventionen fallen, nichts engt den Spielraum ein, fantasy rules the world.
Das muss für sich gesehen noch keine Revolution bedeuten. Nicht einmal Anlass zur Freude sein. Doch in dem Zusammenhang, in dem er sich an diesem Abend präsentiert hat, ist mir das Herz aufgegangen. Ganz gleich, zu welchem Themenkreis die Fragen kamen, jedes Mal erweiterte sein Auftauchen den Horizont der Möglichkeiten.

Wie passt das zu der momentanen Krisenstimmung, die weltweit getrommelt und verbreitet wird, hab ich mich gefragt. Und für mich die Antwort gefunden: Welchen besseren Katasysator für einen Aufbruch über die Grenzen hinweg gibt es, als der (wenn auch manchmal erzwungene) Abschied von Liebgewonnenem? Erst wenn der Hut brennt, suche ich nach wirklich radikalen Lösungen.
2009 bietet sich an.
Und ich freu mich wir ein Narr über diese Aufforderung zum Tanz.