Samstag, 28. Juli 2007

Knackig-kurz versus konvolutionär

Weil ich vorgestern meiner Sehnsucht nach einem richtig umfangreichen Werk das Wort geredet und meine Kara-Geschichten ein bisschen abfällig mit einem "nur" bedacht habe, bekam ich heute Nacht ein richtig schlechtes Gewissen.

Es hat mir nicht weniger Freude bereitet, in einem Zug das sechste Abenteuer der kleinen Hexe auf die Tasten zu werfen, als wenn ich bei einem 500-Seiten-Schmöker ein Kapitel beendet, eine mühsame Stelle bezwungen oder eine erlösende Idee für die Verknüpfung zweier Stränge gehabt hätte. Im Gegenteil: die Selbstbestätigung kommt schneller und ich kann sie mir bei Bedarf sogar ad hoc erzeugen. Ich kann sie schneller zum Lesen weitergeben und bekomm viel direkteres Feedback.

Karas hab ich haufenweise im Kopf. Wenn ich Lust auf Schreiben hab, ist so ein Quickie die garantiertere Befriedigung. Kaum Risiko, dass ich stundenlang grübelnd vor der Tastatur hocke, weil eine Brücke klemmt oder die Protas bockig sind und heute eben nichts erleben wollen. Auf meine Kleine ist immer Verlass. Und wenn sie bockt, verwende ich eben das - wenn sein muss, gegen sie :-) Da schneide ich ihr gnadenlos sämtliche Fluchtwege ab.

Woher also kam dieses "nur"? Darüber musste ich plötzlich grübeln, als ich gestern ins Bett ging und das frühe Morgenlicht zu ignorieren versuchte.

Ist ja nur ein Geschichterl.
Ist in nur zwei, drei, höchstens vier Stunden geschrieben. (Wenn sie bockig ist, muss ich sie erst ein Weilchen überreden. Aber sie ist auch gleichzeitig neugierig, damit krieg ich sie zuverlässig :-))
Macht nur Spaß und kaum Stress.
Kann ich nur im Kopf plotten und ist über Nacht fertig.

Hey! Hörte ich Karas Protest. Und ich musste ihr Recht geben.
Sie gehört (fast) schon wie ein Fixbestandteil zu meinem Leben. Und wie mit allem, das man sich im Laufe der Zeit einverleibt, bekommt es dadurch immer weniger Status. Das ist in langen Beziehungen so, wenn sich Gewohnheiten einschleifen - der andere sowieso "immer da" ist - nicht mehr genügend erobert, beachtet und gepflegt werden muss. Dann wird er zu einem "nur".
Das sollte natürlich nicht so sein. Aber es passiert.
Und gestern hat Kara gegen diesen Verlust an Achtung aufgemüpft.
Und Recht hat sie!

Ich werde nie wieder "nur" sagen, wenn sie mir eine Geschichte schenkt.
Denn ich habe das Privileg, mich so oft über das Wörtchen "Ende" freuen zu können, wie kaum jemand, den ich schriftstellerisch tätig kenne. Der Zug zum Ende ist viel stärker. Ich halte länger durch, bleibe viel leichter bei der Stange, weil ich weiß, dass es nicht nur in einem Wurf zu schaffen ist, sondern dass sich dieser Guss auch positiv auf das Ergebnis auswirkt.
500 Seiten kann man nicht in einer Nacht schreiben. Also gibts nichts, das mich gegen den lahmen Hintern tritt, wenn ich schwächeln will.
14, 15, sogar 20 Seiten sind überschaubar. Und sie drängen mich, sie zu füllen. Die Story drängt mich, nicht müde zu werden. Meine Freunde, die ich in die Welt setze, sind es ja auch nicht.
Eben. Das alles ging mir gestern durch den Kopf, als die erste Amsel vorm Fenster plärrte.
Dieses Wohlgefühl, der Stolz und die Freude über das neue Werk ist nicht "nur" und wird es auch nie sein. Auch wenn ich mich trotzdem auf die Arbeit am 3. Mondaman-Band freue.

Dass ich das sehr wohl wahrnehme und auch gebührend ehre, musste ich Kara heute dokumentieren.
Quod erat demonstrandum :-)

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