Sonntag, 15. August 2010

Nachhaltigkeit

Rund um den Erscheinungstag meines "Herzensromans" kommen viele Bilder wieder in mir hoch, und ich merke, wie nachhaltig ich von der Arbeit an diesem Roman immer noch beeinflusst bin. Die Geschichte hat was mit mir angestellt. Sie hat meine Aufmerksamkeit geschärft für das, was einzelne Menschen bewirken können, weil sie nicht wegschauen ...

Voriges Jahr im Mai - ich hatte gerade glücklich meinen zweiten Krimi bei Thienemann abgeliefert - rief mich meine Lektorin an. Sie hätte da mal eine Frage: Ob ich mir auch vorstellen könnte, eine Liebesgeschichte zu schreiben. Sie wäre von dem psychologischen Tiefgang meiner Protagonisten jedes Mal wieder begeistert ...
Ganz abgesehen davon, dass so viel Lob runter geht wie Öl - und nachdem ich mir (als eigentlich verhinderte Fantasy-Autorin) noch vor einem Jahr nicht einmal vorstellen konnte, jemals einen vernünftigen Krimi zu Papier zu bringen - brachte mich ihr Ansinnen nur kurz aus der Ruhe.
Klar! Gerne! Eine andere Antwort war nicht programmiert.
Also: nix wie mit offenen Augen durch die Gegend laufen und die im Mai gehäuft auftretenden Pärchen belauschen :-) Der Wiener Schmelztiegel von Altösterreichischen Überbleibseln aus den ehemaligen Kronländern, langjährigem Zuzug aus den Ost- und Südländern und der letzten großen Flüchtlingswelle während des Jugoslawienkriegs bietet ein unermessliches Potenzial an Beziehungsmöglichkeiten, die mich schon immer fasziniert haben. Der Krieg in Ex-Jugoslawien hat ja praktisch vor unserer Haustüre stattgefunden. Da wegzuschauen war so gut wie unmöglich. Und auch 15 Jahre nach seinem Ende finden sich in Gesellschaft, Politik und (Beziehungs-)Wirtschaft jede Menge spannender Spuren. Auf eine solche habe ich mich gesetzt - und dabei so viel Glück mit einzigartigen Begegnungen gehabt, dass ich immer mehr den Eindruck gewonnen habe, für genau dieses Buch einen Auftrag bekommen zu haben - von wem auch immer!

Da war dieser Krieg. Da ist immer noch so viel Zorn, Hass und Trauer. Und trotzdem finden sich dazwischen Blumen der Hoffnung. Mut. Lachen. Freude am Hiersein - und eine ganz besondere Liebe.
In dem Maße, in dem ich mich auf meine Protagonisten eingelassen habe, bin ich selbst freier geworden. Frei von Ängsten vor dem "Fremden", frei von Vorurteilen, frei von Ausgrenzung und Engstirnigkeit. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich eine von ihnen. Wenn ich das nur zu einem kleinen Teil in meine Geschichte hineinverpacken konnte, ist mir mehr geglückt, als ich mir zu Beginn vorgestellt hatte.
Ich fühle mich so reich beschenkt!
Und ich wünsche mir nichts mehr, als damit auch andere zu erreichen. Anzustecken mit dem Wunsch, ein kleines bisschen von dem wieder heil zu machen, was kaputt gegangen ist. Wieder mehr ein Mensch sein zu können, der auf andere zugeht, statt die Tür zuzuschlagen.
Das hab ich aus meiner Arbeit an dem Roman mitgenommen - und eine riesen Portion Wohlfühlen und Glück als On-Pack dazubekommen.
... auch wenn das jetzt ganz schön pathetisch klingt :-)

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