Freitag, 24. August 2007

Na so was!

Heute hab ich wieder was ganz Neues für mich entdeckt: Ein Krimi plottet sich total anders!

Bisher hab ich meine Geschichten (wenn ich mich nicht grad wild drauflos von Ideenfetzen jagen hab lassen) kapitelweise und in chronologischer Abfolge aufbereitet, die einzelnen Erzählstränge zu einem spannenden Muster miteinander verwoben und alle Ereignisse einem Höhepunkt zustreben lassen, der sich dann mit Pauken und Trompeten erfüllte. Punktschluss. Und fertig war das Gerüst, an dem ich mich dann mehr oder weniger konsequent entlanghanteln konnte.

Aber so funktionierte das diesmal nicht.

Da gibt es die eine Gabi, die von Anfang an alles wissen sollte - die mit der Auflösung im Kopf. Und die andere Gabi, die mit ihren Mädels und Buben in den Geschichtendschungel geschickt wird. Die Indizien sammelt, auf falsche Fährten gehetzt wird und in Gefahren gerät, die sie nicht abschätzen kann - weil sie eben nur genau so viel Ahnung hat, wie der Schlauste aus ihrer Bande. Und auch wenn die ziemlich vief sind, die Überraschung zum Schluss sollte doch gelingen! Also DÜRFEN sie gar nicht einmal annähernd so hinter das Geheimnis steigen, dass die eine Gabi der anderen Gabi über die Schulter schauen kann.

So viel Schizophrenie kann einen schon aus der Ruhe bringen!

Ich hab mich also mal blöd gestellt. Naja, das klingt jetzt einfacher als es ist. Denn als Dodel kriegst du keine Geschichte zum Laufen. Irgendjemand muss ja doch im Hintergrund die Fäden ziehen, die Spuren legen und die Fallen im richtigen Augenblick zuschnappen lassen, um gerade so viel freizulegen, dass sie weitermachen können und dabei so viel zu verbergen, dass sie nicht zu früh auf die Lösung kommen.

Ich hab mich also zwischen den beiden Gabi-Welten durchlaviert, bis es mich endlich kalt erwischt hat. Chronologisch war da nichts mehr zu machen. Die beiden Gabis waren sich zu nahe gekommen, die, die alles wusste, konnte ihren Mund nicht mehr halten, was die andere, die das alles noch nicht wissen durfte, völlig aus der Bahn warf. Dieses dauernde Ermahnen, dass mich das alles noch gar nichts angeht, was in meiner zweiten Gehirnhälfte nach draußen drängt, machte mich total verrückt!

Dabei war die Lösung so einfach. Ich wundere mich, dass ich so lang gebraucht hab, um da draufzukommen.

Ich gab der Alleswisserin einen Stift in die Hand und setzte sie vor ein leeres Blatt Papier. Ein einziges Wort stand als Überschrift drauf:

"Auflösung".

Endlich durfte sie sich alles von der Seele schreiben.
Die Zusammenhänge, die Vorgeschichte, die wahren Charaktere hinter den Masken und Lügengespinsten... Nix mit Chronologie! Einfach drauflos!
Erstaunlich, wieviel die wirklich wusste, wovon ich selbst nicht die geringste Ahnung hatte.
Noch erstaunlicher, aus welcher Vielfalt und Dichte die Story plötzlich bestand.

Die Befreiung war körperlich spürbar. Und ab diesem Augenblick konnte die "unwissende" Gabi wieder durch ihre Geschichte laufen. Mit einem mitleidigen Lächeln schaute die Alleswisserin zu, wie die andere sich mühsam mit ihren Freunden aus dem fein gesponnenen Netz wurschtelte und endlich mit offenem Mund am Ziel stand, erschöpft, überrascht, kopfschüttelnd und glücklich, trotz einiger Blessuren das Abenteuer heil überstanden zu haben.

Ich frage mich nun: Muss man schizophren sein, um einen Krimi schreiben zu können?
Oder wird man es zwangsläufig?

1 Kommentar:

Ursula hat gesagt…

Liebe Gabi!

Ja, so muss es sein! Kein geheimnisvoller Plot ohne eine gewisse Portion Schizophrenie ...
Was ich aber noch viel schlimmer finde, hähä, ist die Ungewissheit, ob der nichtswissende Leser einem nicht doch auf die Schliche kommt. Ob es spannend ist (wenn man die Auflösung kennt, sieht man das naturgemäß anders) und ob man alle Hinweise ausreichend hinterlistig versteckt hat.

Ich wünsch dir weiter ein fröhliches Doppelleben und bin gespannt auf das Ergebnis! Und DANKE für die mail mit den Anmerkungen!!!!

Alles Liebe
Ursula