Mittwoch, 15. Februar 2012

Halbzeit!

Ich hatte Glück. Wochenlang hatte es eisiges, zum Fahren äußerst unbequemes Wetter gegeben. Und eigentlich hätte ich erst diesen Donnerstag den nächsten Workshop-Termin gehabt (Wettervorhersage: Schneesturm!). Doch eine glückliche Fügung (ein Beweis mehr für meine Theorie, dass es keine Zufälle, sondern mir wohlwollende universelle Beschützer gibt!) hat bestimmt, dass ich mich schon diesen Montag Richtung Pischelsdorf zu meinen Krimi-Experten auf den Weg gemacht habe. Die Straßen waren trocken und frei. Mein kleines Schwarzes schnurrte zufrieden, während ich mich in neugieriger Vorfreude übte.

Heute standen die ersten Schreibschritte auf dem Plan. Auch wenn die Gruppen inzwischen ein wenig unterschiedlich vorangekommen waren und einige noch mitten im Szenenplan steckten, hatte ich zur Einstimmung ein paar meiner Lieblingskrimis mitgenommen. Anhand sehr unterschiedlicher Einstiege wollte ich demonstrieren, wie ein Autor seinen Leser von Anfang an packen kann - und am besten nie wieder auslässt.
Als erstes las ich einen Absatz aus dem genialen Thriller "Erebos" meiner lieben Freundin Ursula Poznanski vor. Die gespannte Stille war zum Greifen. Beim Einstieg von "Tote Mädchen lügen nicht" herrschte ebenso atemlose Aufmerksamkeit. Ich konnte es mir natürlich nicht verkneifen, auch meine Krimis ("Infinity" und "Störfaktor") als Beispiele heranzunehmen (und freute mich extrem über Reaktionen, wie "uuuhhh ... und wie gehts weiter?" "Sagen Sie schon! Sie wissen es doch! Schließlich haben Sie es geschrieben!" ... was bewiesen hat, dass zumindest der Einstieg funktioniert!)

Besondere Aufregung gab es, als ich schließlich noch (ohne nähere Erklärungen) einen Kapitelanfang vortrug, der zumindest einer von ihnen schon nach den ersten Worten das Blut in den Kopf trieb. Eine von den ganz Fleißigen und Begabten hatte mir beim letzten Mal ihre ersten Schreibversuche zugesteckt. Ich war (und bin!) begeistert! Hätte sie sich nicht mit aufgeregtem Quietschen verraten, wäre ihr Text ohne Probleme ebenfalls als professionelles Beispiel für einen packenden Start in einen Roman durchgegangen.
Allen Anfängen ist eines gemeinsam: Schon in den ersten Sätzen stellt sich der Leser Fragen, die er unbedingt beantwortet bekommen will. Es ist ein simpler Trick, an die Neugierde zu appellieren - und er funktioniert, solange der Leser noch nicht alles beantwortet bekommt.

Dass es ab dann den jungen Autoren unter den Nägeln brannte, sich an eigenen spannenden Anfängen zu probieren, war nicht weiter verwunderlich. Und so durften diejenigen, die schon mit ihren Szenenplänen fertig waren, auch gleich zum Schreiben an die Laptops.
Ich gebe es offen zu: Ich hatte ein ganz klein wenig Bammel vor diesem Moment der Wahrheit. Würden sie diesen Haufen an Theorie, mit dem ich sie in den bisherigen acht Stunden beworfen hatte, in die Praxis umsetzen können? Wie würde das Schreiben in der Gruppe funktionieren? Erwarteten wir nicht alle zu viel von ihnen?
Doch ich hätte mir meine Sorgen sparen können.
Nicht nur der Eifer und Einsatz stimmte zu hundert Prozent, ich war auch begeistert, wie zielsicher sie alle Überlegungen, die wir angestellt hatten, in ihre Textanfänge umsetzen konnten.
Noch haben nicht alle Gruppen angefangen. Und ein paar recht abenteuerliche Wortschöpfungen haben mir die Lachtränen in die Augen getrieben (ich entschuldige mich für meinen öffentlichen Heiterkeitsausbruch! Ich wollte niemanden beleidigen und hoffe, derjenige fühlt sich von mir nicht ausgelacht!!). Aber ich hatte ein paar großartige Krimi-Anfänge mit im Gepäck, als ich mich nach diesen beiden Stunden wieder auf die Heimreise machte. Und ich bin schon total gespannt, wie das alles noch weitergehen wird. Dass es noch viel großartiger funktioniert, als ich es zu hoffen gewagt hatte, davon hat mich die erste Halbzeit jedoch schon vollständig überzeugt!

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