Es ist kurz nach 2 Uhr. Ich befinde mich in einem verwilderten Garten. Genauer in einem morbid angegammelten Pavillon, der wiederum in eben diesem verwilderten Garten steht. Ein Lichtermeer von flackernden Kerzen erzeugt Romantik, die sich in schmelzende Geigentöne übersetzt. Ein dunkelhaariges Mädchen. Ein rotblonder Junge. Ein scheuer Blick. Die Hand, die den Körper des anderen sucht.
Die Geigen intensivieren sich - und kippen plötzlich ins unerklärlich Bedrohliche.
Da ist noch jemand. Und der hat nichts Gutes im Sinn ...
Meine Finger versuchen den hetzenden Gedanken über die Tastatur zu folgen. Mein Wangen glühen. Meine Augen sehen hinter den anwachsenden Buchstabenfolgen die Bilder, meine Ohren hören, was ich aufzuschreiben versuche.
Das ist es, was aufputschender wirkt als ein Cocktail aus Koffein, Adrenalin und Serotonin!
Was mich die Zeit vergessen lässt und mit verklärtem Blick der verständnislosen Aufforderung, doch endlich ins Bett zu kommen, den Wind aus den Segeln nimmt.
Genau deswegen kann ich nicht aufhören, den Stimmen zu folgen, die mir ihre Geschichten erzählen und mich dazu drängen, mich wirklich und immer tiefer auf sie einzulassen.
Wer diesem Virus nicht verfallen ist, kann nur verständnislos auf die Uhr schauen. Wer aber selbst das Fieber kennt, weiß, warum es nichts Schöneres geben kann.
2 Uhr 30 - und kein bisschen müde - was nicht weiter verwundert. Jetzt, wo es grad spannend wird ...
Bücher lesen heute…
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Ich habe mir vorgenommen, die Roman-Reihe „M“ von Antonio Scurati zu lesen.
Sie wird von verschiedensten Stellen hoch gelobt. Enorm viel Recherche –
und Ro...
vor 2 Wochen
2 Kommentare:
Wenn man davon spricht, dass jemand ein Schriftsteller ist, dann hat das meist mit diesem Gefühl begonnen, meine ich zumindest. Und es ist weitergegangen damit, dass man eine Zeit dieses Gefühl verloren hat. Weil man sich intensiv mit dem Handwerk beschäftigt hat/ viel Kritik einstecken musste/ oder ein Misserfolg passiert ist.
Irgendwann, ist das alles vergessen, wenn man am Schreiben festhält. Das ist der Augenblick, wo man beginnen sollte dieser inneren Stimme zu zu hören, die einem gerade so viel Freunde macht. Und an ihr festzuhalten, wenn es mal etwas schwieriger wird. Denn dann ist das Schreiben so wundervoll, fast jedesmal, dass man gar nicht mehr anders kann.
Gruss
Thomas
Lieber Thomas,
du hast den Virus - das ist eindeutig :-)
Und du hast es wunderbar geschrieben: Das Schreiben ist so wundervoll, dann man gar nichts anderes tun kann (und will).
Wir kennen wohl beide die Tiefen/Kritik/Rückschläge - mir scheint, dass ein Schriftstellerleben ohne dieses Triumvirat an ein Wunder grenzt. Und fast bin ich versucht zu behaupten, dass ohne diese Tiefen auch die Erfolgserlebnisse und das rasende Glücksgefühl beim Gelingen eines Textes nur halb so intensiv wären. Nur wer schon so heftig um eine Szene, einen Protagonisten oder eine stimmige Auflösung gerungen hat, kann es so richtig genießen, wenn die Szene im Kasten, der Darsteller am Küchentisch und der Showdown glaubwürdig ist.
Es ist schön, trotz der Einsamkeit des Schreibens im Grunde gar nicht allein zu sein.
Herzlich
Gabi
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