Montag, 10. September 2007

Politische Korrektheit

Mich hat eine kleine Unsicherheit befallen. Plötzlich und aus heiterem Himmel.
Für die Logik in meinem psyhologisch durchwachsenen Kriminalfall brauche ich einen Täter, der homosexuell ist. Um richtig verstanden zu werden: Nicht seine sexuelle Vorliebe macht ihn zum Täter, aber es gäbe ohne sie gar keinen solchen Fall.
Ich hab es ausprobiert, die Story gedanklich anders durchgespielt. Sie war nicht mehr glaubwürdig. Stolperte. Das Profil und das Motiv stimmten nicht mehr.
Bisher habe ich mir deshalb keine Sorgen gemacht. Ich habe ja nicht eine sexuelle Neigung kriminalisiert, sondern lediglich ein Motiv daraus gezogen. Ist das jetzt politisch korrekt oder bringe ich meine Story damit in ein schiefes Licht?

Dieser Gedanke hat mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht.
Dabei lief es gerade heute besonders geschmiert! Der Mitwisser, eigentlich ein Mittäter und durchaus nicht unschuldig an dem ganzen Geschehen, hat auf seine Art eine Seite offenbart, die eine überraschende Sympathie erzeugte - auch wenn er sie gleich darauf wieder in Grund und Boden stampfte - nicht ohne am Ende des Kapitels plötzlich nachdenkliche Töne anzuschlagen.
Ich mag Typen, die mindestens zwei Seiten haben und diese auch miteinander in Konkurrenz bringen. Dass er heute so zahm war, hat mich fast überrascht. Denn eigentlich hatte ich mir das erst für später gedacht. Aber er war ja von Anfang an ein ziemlicher Dickschädel.....

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn dich das beschäftigt, dann setze gegen die eine Darstellung eine andere. Wenn also die eine Person möglicherweise politisch unkorrekt sein könnte, dann bringe eine Figur mit einem ähnlichen Hintergrund, den du anders darstellst. Oder du verdeutlichst, dass diese Figur aus bestimmten Gründen, die nichts mit der Homosexualität zu tun haben, so handelt.
Und vertraue ruhig darauf, dass deine Leser auch unterscheiden können, ob jemand wegen der Homosexualität oder aus anderen Gründen so handelt.
Ich würde es aber nicht komplett ändern, weil sonst politische Korrektheit nach deinen Angaben die Geschichte zerstört.

Gruss

Thomas

teamor hat gesagt…

Lieber Thomas,

danke, dass du mir das bestätigst, von dem ich eigentlich ohnehin ausgegangen bin - nämlich, dass ich es dem Leser durchaus zutrauen kann, dass er erkennt, wo der Auslöser für ein verhalten zu suchen und zu finden ist. Und nicht an einem vordergründigen Vorurteil hängen bleibt.
Ich könnte meine Story diesbezüglich ohnehin nicht ändern, weil sonst mein Gefühl dafür nicht mehr stimmen würde.
So fühle ich mich wohl mit ihr - und meine Figuren offenbar auch :-)

Liebe Grüße
Gabi

Anonym hat gesagt…

Liebe Gabi,

ich möchte dich auch darin unterstützen, den Übeltäter homosexuell sein zu lassen. Ihm das nicht "zuzugestehen" wäre für mich eine viel stärkere Form der Diskriminierung als selbstbewusst den Fiesen schwul oder lesbisch sein zu lassen.

Mit rohen Eiern jonglieren war noch nie mein Fall. Ich bin da eher für Spiegelei :) Wenn du verstehst, was ich meine...

Einen lieben Gruß

von der Ruth