Eben bei "Welt online" gelesen: Wie Deutschlands Buchverlage Skandale provozieren. Darin stehen einige Feststellungen, die mich sehr nachdenklich stimmen.
- Die Aussagen in den Büchern werden immer reißerischer, populistischer ...
Ist es wahr? Sind wir denn wirklich alle schon so abgestumpft, dass nur der lauteste Knall, die peinlichste Behauptung und der schamloseste Betrug Aufsehen erregen kann? Wo bleiben die leise Zwischentöne? Das vorsichtige Spielen mit den Emotionen? Die sanfte Stimulanz der Phantasie? Wo bleibt das Sehnen nach dem Perfekten - und sei es nur in der Vorstellung? Das Ziel, das uns auf den Weg machen lässt? Die Pause, die wir uns selbst gönnen, um in warmen Farben zu baden, die uns Wortakrobaten malen?
Das alles funktioniert aber nur ohne Paukenschläge, Trommelwirbel und Sensationslust. Die Phantasie ist scheu. Schnell verjagt von der Marktschreierei.
- Die sogenannte Midlist mit Auflagenzahlen zwischen 5.000 und 10.000 Stück bricht weg.
Diese Feststellung jagt mir den Schauer über den Rücken. Das ist doch wohl das Segment, das ich (und die meisten meiner schreibenden Kollegen und Freunde) bediene. Ich bin nicht geschaffen für den lauten Skandal. Ich stelle mich nicht marktschreierisch auf den Hauptplatz. Ich kann keinen Ekelplot erfinden, keinen Plagiatsskandal provozieren und bin auch mit keinem einzigen auch nur halbwegs medientauglichen Promi verwandt. Was bedeutet das für mich? Wird es in absehbarer Zeit keinen Programmplatz mehr für mich geben? Wird mein Lebenstraum vom (veröffentlichten!) Schreiben so schnell verpuffen, dass ich nicht einmal Zeit habe, wirklich aufzuwachen? Sollte ich es besser gleich lassen und mich nach einem anständigen - oder wenigstens reichen (?!?) - Mann für die Altersvorsorge umsehen?
Ich muss zugeben, dass trotz aller angeborenen Bereitschaft, auf das Wunschprinzip zu vertrauen, mein Optimismus nach so einer Lektüre einen saftigen Nasenstüber bekommt. Hat es denn überhaupt noch einen Sinn, wie der Frosch im Butterfass zu strampeln, obwohl nicht einmal mehr der Storch ein begehrliches Auge auf den kleinen Happen wirft? Steht der nicht inzwischen auch schon längst in der Masse und reckt seinen Schnabel nach scharf gewürztem Plastikkäse?
Ertappe ich mich da gerade bei dem Gedanken, ob sich nicht vielleicht doch wenigstens ein klitzekleiner Aufreger im nächsten Text verstecken ließe? Selbstverständlich gerade so auffällig, dass seine (provozierte) Entdeckung die Meute gieren lässt ...
Ich schäme mich. Der Anfall von Gefallsucht geht vorüber. Ich schwör's. Außer es wird demnächst die Selbstgeißelung als neues goldenes Kalb ausgerufen. Dann stehe ich in der ersten Reiehe - als Trendsetter, der diese Kunst immer schon am besten beherrscht hat ...
In Zeiten wie diesen
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Der Blogpost für heute war schon geschrieben. Parat zum Veröffentlichen.
Doch das geht nicht. Nicht, bevor das hier gesagt ist.
Mag sein, dass man mit L...
vor 5 Tagen