Die letzten Tage hatte ich es - dieses "Wow!"Gefühl. Wenn man spürt, dass sie zum Greifen nah sind. Die Träume, die man niemals laut ausspricht, weil sie einem selbst irrational vorkommen. Und man es vermessen findet, davon überhaupt zu träumen. Mehr zufällig (aber gibt es den Zufall denn überhaupt? Ich hab das immer schon bezweifelt ...) bin ich über eine
wunderschöne Rezension einer 18jährigen Schülerin gestolpert, die mich wirklich glücklich (und auch ein bisschen stolz) gemacht hat.
Da hatte ich es zum ersten Mal wieder - seit einer längeren Phase des Strampelns und Zweifelns und im Trüben Fischens. Ich dachte: Jetzt! Jetzt passiert es! Jetzt ist der Riegel geknackt und meine Geschichte, in der das meiste Herzblut ever steckt, ist in der Welt angekommen. Im gleichen Atemzug habe ich gesehen, dass "Grenzenlos nah" beim LovelyBooks Leserpreis nominiert worden ist ... Ja! Es passiert!, dachte ich und das warme Gefühl breitete sich vom Bauch in meinem Körper aus.
Die wahren Tatsachen sind aber andere.
Bei LovelyBooks bin ich schon vor der Wahl rausgeflogen.
Und ein Telefongespräch mit meinem Verlag hat mich endgültig auf den Boden zurückgeholt.
Mein Buch verkaufe sich mehr als schleppend. Ein echtes Sorgenkind sei es, obwohl der Verlag nach wie vor davon überzeugt sei, dass es wirklich gut ist. Aber ...
Ja, was aber?
Die Vertreter verkaufen es nicht.
Ist es das Cover? Der Titel? Das Thema?
Ja. Am wahrscheinlichsten das. Es ist zu beratungsintensiv. Meint man im Verlag.
Niemand will sich mit dem Grauen eines Krieges auseinandersetzen. Auch nicht, wenn es in eine Liebesgeschichte verpackt ist. Auch nicht, wenn die Sprache gut und das Ambiente autentisch ist. Das Buch kann der Buchhändler nicht einfach so ins Regal stellen. Da muss er was dazu sagen, damit es gekauft wird. Zu schwierig. Zu anspruchsvoll. Zu zeitnah.
Zu wenig "flockige Liebesgeschichte", zu viel "Nachdenkerfordernis".
Das legt man nicht in einem Stapel einfach so hin und die Leute nehmen es einfach so mit.
Traurig, aber wahr.
Und schon war es dahin. Das schöne Wow!Gefühl. Wie ein scheues Tier hat es sich verkrümelt. So schnell konnte ich gar nicht schauen. So glaubwürdig konnte ich ihm nicht versprechen, es trotzdem lieb zu haben. Auch wenn es rundum plötzlich rumpelt und dröhnt. Alle guten Vorsätze, mit positivem Fühlen die positiven Ereignisse anzuziehen, haben sich auf einen Paukenschlag in Luft aufgelöst.
Und zurück bleibt das schale Gefühl, sich wieder einmal etwas vorgemacht zu haben.
Was nützen mir vier 5-Sterne-Rezensionen auf Amazon, wenn sich der Verkaufsrang im Sturzflug der Millionengrenze nähert? Was nützen mir zu Herzen gehende Worte einiger weniger Leser, die über mein Buch gestolpert sind? Es ist wunderschön, zu erleben, dass diejenigen, die meinen Roman tatsächlich gelesen haben, von ihm berührt worden sind.
Aber der Schmerz darüber, dass es immer nur einige wenige bleiben werden, weil das Stolpern eben nur ein sporadischer Vorgang ist, lässt dem Wow!Gefühl keine Chance auf Verlängerung.
Gegen jeden guten Vorsatz, damit mein Leben auf neue Gleise zu stellen.
Und trotzdem gehe ich heute wieder mit dem Versuch schlafen, einen Zipfel dieses Wow!Gefühls unter meinen Kopfpolster zu bekommen. Wie jeden Abend. Es schläft sich halt damit einfach so unglaublich gut ...