Jedes Jahr zum Aschermittwoch mache ich mir Gedanken, womit ich mich in den 40 Tagen vor Ostern auf dieses "Fest der Auferstehung" einstimmen kann. Ich suche nach einer Aufgabe, die mich gerade besonders fordert - in welcher Weise auch immer. Früher waren es häufig der Verzicht auf den Stimmungsaufheller Süßzeug oder der Vorsatz, den Geduldpegel mit meiner Nachkommenschaft zu heben. Als gemeinsame Voraussetzung für die Vorhaben gilt, dass sie nicht ohne beträchtliches Bemühen umzusetzen sein dürfen. Denn: Was keiner Anstrengung bedarf, ist auch nichts wert!
Auch heuer machte ich mich also wieder auf die Suche nach meinem "weak point" - und wusste sehr schnell, wo ich den finden würde. Wie schwer es mir diesmal fällt, genau darauf meinen Finger zu legen, macht deutlich, wie gemütlich ich es mir schon in der selbstgegrabenen Grube gemacht habe.
Seit beinahe einem Monat habe ich keine Zeile mehr an meinen Manuskripten zustande gebracht. Fehlende Motivation, abgestürztes Selbstvertrauen, Mangel an Feedback und allgemeine Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation - wer weiß schon, zu welchen Teilen sich der Kuchen zusammensetzt, der mir schleichend seit Wochen den Magen verdirbt ... Im Grunde ist das auch gänzlich nebensächlich. Seien es faule Ausreden, geistige Erschöpfung, Ideenlosigkeit - es spielt keine Rolle, wie ich den Auslöser benennen will. Tatsache ist das leere Blatt Papier, das mir schon in der reinen Vorstellung den Angstschweiß auf die Stirn treibt.
Einen zeitlang war ich versucht, dem Druck auszuweichen, den ich selbst täglich stärker auf mich ausübte.
Man kann Kreativität nicht erzwingen.
Gönn dir mal eine Pause.
Mach einfach nur, was dir Spaß macht.
Niemand wartet auf ein Meisterwerk von dir.
Genau.
Das Ergebnis war (und ist) ernüchternd.
Abende gefüllt mit exzessivem Internet-Surfing, Patiencen-Legen und passivem TV-Konsum drückten mich immer tiefer ins Loch der Lähmung, statt meinen Geist zu beflügeln oder mich frei fühlen zu lassen. Nicht Erleichterung, sondern Nutzlosigkeit gaben den Takt meiner Freizeit vor. Der Kontakt zu meinem kreativen Selbst war abgerissen und die Lücke zwischen mir und meiner Schaffenskraft wurde täglich größer - wie Sterne im Universum, die sich mit Lichtgeschwindigkeit von einander entfernen und schließlich unseren Sinnen verloren gehen.
Auf der Suche nach etwas, das mir wirklich wirklich schwer fällt, war ich schnell vor der eigenen Tür angelangt. War sie nur angelehnt? Oder inzwischen mit Unmengen an Sperrmüll verrammelt? Egal! dann muss eben ein Rammbock her. Denn manchmal spricht Nachdruck die einzige Sprache, die ein verbocktes Hirn versteht. Manchmal braucht es ein gesprengtes Loch in den Staudamm, um den Denkfluss wieder in Schwung zu bringen. Ja, manchmal muss man sich zu seinem Glück zwingen - oder es zumindest einfach mal versuchen.
Und so schnappe ich nach dem nächstbesten Auslöser und zünde die Schnur. Auch wenn ich meine Vorsätze schon früher manches Jahr nicht lückenlos umsetzen konnte, kam doch wenigstens Bewegung in eingefahrene (und allzu oft unreflektierte) Rituale.
Mein diesjähriger Fastenvorsatz lautet also: Jeden Tag etwas schreiben. Jeden Tag wenigstens ein paar Worte. Zeilen. Ausformulierte und schriftlich festgehaltene Gedanken.
Ich weiß. Ich bin schon mit dem Start in Verzug geraten. Aschermittwoch war schon. Und mein Tag 1 ist eigentlich bereits Tag 4. Aber erstens hab ich gestern schon angefangen und zweitens heiligt in diesem Fall der Zweck die Mittel. Im besten Fall hänge ich die versäumten drei Tage einfach hinten an. Und noch drei und noch drei ... wenn nur der Karren wieder rollt ...
Einigen muss ich mich jetzt nur noch mit mir selbst, ob Blogeinträge auch schon gelten. In der Not firsst der Teufel ja bekanntlich Fliegen ... oder Textzeilen ... oder so ...