Samstag, 26. April 2008

Tasten & Schnuppern

Es dauert den ganzen Abend bis ich mich dazu überwinden kann, die angestaubte "Charlie-Datei" anzuklicken. Ich habe Angst davor, einem Text zu begegnen, den ich nicht mehr gut finden könnte.
Ok.
Den Prolog mochte ich immer schon.
Aber deswegen ist das Zittern nur umso gewaltiger. Wenn ich schon an den Lieblingsstellen scheitern würde, hätte der Rest überhaupt keine Chance mehr.
Gefühlte Jahre liegen plötzlich zwischen mir und der Geschichte. Kurz frage ich mich, ob ich mich dieser Folter wirklich aussetzen muss, oder ob ich nicht besser irgendwas Neues anfangen sollte.
Abgesehen davon, dass mir im Moment die ultimativ neuen Themen nicht unbedingt zu Füßen liegen, weiß ich aber um den Schweinehund, der wild kläffend um seinen Stammplatz kämpft. Hat er sichs doch schon wirklich gemütlich gemacht bei mir!
Ein bisschen kann ich mich noch mit formellen Kinkerlitzchen aufhalten. Der neue Computer hat neue Programme und das Word öffne ich tatsächlich zum ersten Mal - seit wann eigentlich? An der Werkzeugleiste gibts was einzurichten und die Buttons schauen auch alle so erstaunlich anders aus, als ich sie in Erinnerung habe... In meine bemühten Formalrecherchen baut sich die Seite eins auf - und ich lese den ersten Satz.
Mit klopfendem Herzen frage ich mich: Mag ich ihn noch? Ist er vielleicht platt? Stolpert man in die Geschichte rein? Interessiert das irgendwen?

Hyperventilierend. Lippenfeindlich. Den Schluckmechanismus überstrapazierend.
Das klingt jetzt vielleicht übertrieben. Beschreibt die Herz-Kreisluf-Test trotzdem nur annähernd. Es ist erstaunlich, wie viel man sich fragen kann, während man gleichzeitig einen einzigen Satz immer wieder liest.
Muss ich ihn mögen? Bricht eine Welt zusammen, wenn nicht? Kann ich ihn überhaupt objektiv beurteilen? Wie ist das mit der Erwartungshaltung? Macht sie es dem ersten Satz schwerer oder leichter?
Ich entscheide mich für "schwerer" - und mag den ersten Satz trotzdem - immer noch.

In Folge gehts mit jedem weiteren Satz immer leichter.
Trotzdem (oder vielleicht genau deswegen?) stoße ich bereits im dritten Kapitel auf einen kapitalen Denkfehler. Das gibts nicht, dass Charlie den Mann, der sich immer schon am allermeisten um ihre beste Freundin kümmert, nicht erkennt. So finster kanns im Vorgarten gar nicht sein.
Das ist natürlich ziemlich blöd für den Fortgang der Geschichte.
Da muss ich mir was einfallen lassen.

Ehrlich - was Besseres konnte mir gar nicht passieren.
Klingt masochistisch? Ist es ausnahmsweise aber wirklich nicht.
Meine Geschichte braucht mich! Und sie hat mich - bereits nach den ersten beiden Kapiteln.
Ich spüre, wie das Räderwerk zu rattern beginnt. Es ist ziemlich eingerostet - auch das muss ich mir eingestehen. Und ich hab nicht gleich eine Lösung an der Hand.
Muss ich aber auch nicht.
Heute ist mein erster Tag.
Ich habe mir versprochen, die zerschlissenen Knitterflügel nicht gleich zu überfordern. Keine Lust auf Bruchlandung! Viel Lust auf Gehirnjogging.
Zum ersten Mal seit über einem halben Jahr gehe ich wieder mit einer Geschichte schlafen.
Das sensationelle High-Gefühl ists noch nicht. Dazu sind die Unsicherheiten, ob ich nicht doch wieder auf halbem Wege schlapp mache, noch zu groß.
Euphorie ist den Lösungsaugenblicken vorbehalten.
Aber es schmeckt nach gespannter Neugierde. Und das ist mehr, als ich für die erste Begegnung zu hoffen gewagt habe.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gibt's hier gar keine Smilies?!

Find ich nicht gut! Ich wollte den kleinen grünen hüpfenden mit den Schlenkerärmchen...

Denk ihn dir, bitte, ja? Ich freu mich nämlich so wie der kleine Kerl aussieht.

Und hab Dank für deinen Trost, nebenan, in meiner Koje.

Bussi,

Ruth

Anonym hat gesagt…

Hallo Gabi,

ich habe ja auch immer wieder meine Schreibpausen, und muss immer wieder einen Weg zurück in meinen Roman finden.
Und egal wie sehr ich vorher zweifele, bis auf einmal habe ich immer über das Lesen meinen Weg zurück gefunden... mit vielen Zweifeln und Ängsten.

Gruss

Thomas