Sonntag, 31. Oktober 2010

Hallo Wien!

Jedes Jahr zum 31. Oktober frage ich mich, wer all die Gespenster, Hexen und Klappergerippe in unsere Breiten eingeschleppt hat. In meiner Kindheit gab es am Tag vor Allerheiligen noch kein reges Kürbis-Aushöhlen, keine Kinderprozessionen um "Süßes oder Saures" und auch keinen wilden Tanz um das Hexenfeuer.
In Harper Lees preisgekröntem Buch "To Kill A Mockingbird" gab mir das Treiben der Kids von Anwalt Atticus Finch Rätsel auf. Ich brauchte Jahre, um herauszufinden, was die da mitten in der Nacht - und auch noch in Kostümen - getrieben haben.
Heute sind mir auf Schritt und Tritt Leute in spitzen Hüten, eingehüllt in Leintücher oder zumindest bewaffnet mit sensenartiger Gerätschaft über den Weg gelaufen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich damit wirklich anfreunden kann. Ich empfinde das Treiben als fremd und vor allem künstlich aufgesetzt.
Bei Wikipedia lese ich nach: "Die amerikanischen Halloween-Bräuche werden im deutschsprachigen Raum erst seit den 1990er Jahren praktiziert, was im Besonderen von der Karnevalsartikelbranche gefördert wurde."
Ah ja. das leuchtet mir ein.
In diesem Sinne versuche ich die positive Seite der Medaille zu sehen (die mir auch in diversen Werbungen nahegelegt wird): Gehts der Wirtschaft gut, gehts uns allen gut.
Na dann: Happy und Hallo, Wien!

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Hochdruck

Bei meinen Freunden gelte ich als hochgradig verspielt - was ich auch gar nicht leugnen will :-)
Hat doch das Schreiben oft auch Facetten von Spielerei - Gedankenspiele, Wortspiele, Plänkeleien zwischen Sinn und Unsinn - welcher Sprachverliebte kennt das nicht?
Manchmal fallen mir dabei so hübsche Worte ein, die mich mit ihrer Vieldeutigkeit zum Sprachjonglieren verführen.

Hochdruck ist so ein schönes Wort. Was für eine Palette an unterschiedlichen Stimmungsmachern hat es zu bieten!

1. Man kann auf Hochdruck an einem Projekt arbeiten (anstrengend, aber prinzipiell gut).
2. Auch das konstante Hochdruckgebiet verspricht meist schönes Wetter und erweckt positive Erwartungen auf Herbstspaziergänge in golddurchfluteter Natur.
3. Bluthochdruck hingegen ist schon ein zweischneidiges Schwert. Das kann man so oder so bewerten - je nachdem, was ihn auslöst. Klopft das Herz schneller, weil ich zu viel fettes Zeug gegessen habe? Oder weil mich eine aufregende Nachricht errreicht? Im Zweifel entscheide ich mich für Variante zwei ...
4. Und schließlich gibt es den Begriff auch noch aus der Druck-Technik. Ich erinnere mich an Schnitzarbeiten in der Schule, bei denen ich (mit Feuereifer und wahrscheinlich infolge erhöhter Verletzungsgefahr auch mit erhöhtem Blutdruck) auf Hochdruck Flächen aus einem Stück Linoleum geschabt habe, um anschließend ein tanzendes Trachtenpärchen auf Papier zu bringen.

Mein momentaner Hochdruck konzentriert sich auf Punkt 1, eingesprengselt mit meiner Wunschvariante von 3.
Nachdem die Entscheidung für die Doppel-Ich-Variante gefallen ist, fließen die ersten Seiten zu meinem neuesten Projekt aus meinen Fingern (Hochdruck-mäßig!) und erhöhen den Puls, sobald ich mich in die Geschichte fallen lassen darf.
Und dann hat mir gestern eine liebe Freundin noch so einen Blutdruck-Pusher beschert, als sie mir berichtet hat, dass mein "Grenzenlos nah" in der Buchklubbroschüre "Die 100 besten Bücher und Hörbücher" aufgelistet ist! Auch wenn ich (*shame on me*) noch nicht einmal wusste, dass es diese Broschüre gibt, freue ich mich nicht weniger über so eine feine Nachricht.

Außerdem habe ich die Bestätigung bekommen, dass der Wunschtermin für meine geplante Buchpräsentation am 26. November hält und ich an diesem Tag wieder die Location mieten kann, in der ich schon die "Schachzüge" der Welt vorstellen durfte.

Das vertreibt gleich so manche Sorgenfalten ... aber das ist eine andere Geschichte ...

Montag, 25. Oktober 2010

Er oder ich?

Nein, hier geht es ausnahmsweise nicht darum, wer den Müll hinausbringen soll oder zum Geschirrspüler-Ausräumen dran ist. Und es muss auch nicht entschieden werden, wer auf dem Gästebett schlafen muss :-)
Die Frage, die mich seit einigen Tagen umtreibt, ist eine der passenden Perspektive.
Einiges spricht dafür, zwei Ich-Positionen einzunehmen.
Ein Großteil der streng zeitlimitierten Handlung spielt sich in den Köpfen und den direkt daraus folgenden Entscheidungen der beiden Protagonisten ab. Was liegt da näher, als gleich direkt ihre Position einzunehmen und durch ihre Augen zu sehen? Damit wäre ich so nah an ihnen dran, dass ich nie Gefahr laufen würde, mich in Details zu verlieren, die die Handlung nicht direkt vorantreiben - bei meiner Neigung zu ausufernden Assoziationen kein Nachteil!

Andererseits nehme ich mir damit jeden Chance auf den Blick aufs Ganze. Es gibt immer nur subjektive Eindrücke, eine jeweils streng begrenzte Einsicht, und ich fühle mich wie ein Maler, der nur mit ein paar ausgesuchten Farben ans Werk gehen kann - weshalb das Bild letztendlich blass und lediglich angerissen bleibt. Ich habe Sorge, dass ich das, was ich in meiner Vorstellung so lebendig vor mir sehe, nicht ausreichend transportieren kann, wenn ich nicht auch manchmal ein 360°-Rundum-Panorama mitliefere.

Doch wie beim Müll-Entsorgen und Küchendienst bringt nur die Tat wirklich weiter :-)
Ich werde es wohl ausprobieren müssen, wer mir näher steht - er oder ich!

Sonntag, 24. Oktober 2010

Das schiffbrüchige Selbstbewusstsein

Was für eine lausige Bloggerin, die es im Oktober gerade einmal auf zwei Einträge gebracht hat! Ausreden gibt es natürlich wie immer jede Menge: ein überbordender Brotjob, Herbstgrippe, Geldsorgen, Schlafstörungen, Verwandtenbesuche ... alles dabei. Doch die Wichtigste fehlt: Exzessive Schreibtätigkeit ... Gleichzeitig wäre das die einzige Erklärung, die ich mir für meine Abstinenz wirklich gerne gegeben hätte.
Das soll sich jetzt ändern!
Ich habe beschlossen, mit den guten Vorsätzen nicht bis Silvester zu warten (bis dahin sammeln sich bestimmt noch genug neue an!) Vor drei Tagen ist nämlich mein schiffbrüchiges Selbstbewusstsein an Land gegangen. Nachdem ich gefühlte tausend Stunden nach der zündenden Idee gesucht habe, ist sie mir - einfach so! - in der U-Bahn begegnet. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein unverbesserlicher Autofahr-Freak bin, der nur in absoluten Notfällen auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreift. Offenbar gelten für das Universum auch ideelle Notzustände. Auf alle Fälle bin ich dem Umstand zu Dank verpflichtet, der mich in diesen Waggon gezwungen hat, in dem das ideenspendende Werbeplakat hing. Und werte den Fund als eindeutiges Zeichen.
Seitdem klingt das vertraute Klappern der Tastatur wieder durch das Haus. Die Katzen kennen sich wieder aus, wo sie sich am schreibtechnisch kollateralschadengünstigsten platzieren können und die schlafgestörten Nächte erfahren Dank produktivem Plotweiterspinnen massive Aufwertung.
Sollten nun trotz aller guten Vorsätze immer noch die neuen Blogeiträge nur tröpfelnd aufscheinen, kommt wenigstens meine Lieblingsausrede zum Tragen: Wegen akutem Schreibanfall vorübergehend reduzierter Betrieb! Dadurch kann es zu längeren Wartezeiten kommen. Bitte entschuldigen sie die unregelmäßigen Intervalle.
So etwas kennt man ja als Öffi-Benutzer auch ...

Freitag, 15. Oktober 2010

Anker werfen

Wenns grad nicht so läuft, wie ich es gerne hätte, besinne ich mich auf einen Trick, der mir immer hilft. Ich suche nach etwas, worauf ich mich freuen kann. Und male mir Szenarien aus, in denen ich das heiß Ersehnte in die Tat umsetze / in Händen halte / zum ersten Mal ausprobiere (Passendes bitte ankreuzen!).
Je dicker die Suppe, desto glorreicher die Visionen.
Also habe ich heute ein Ticket nach Leipzig gekauft. Zur Buchmesse. Im März. Vier Tage, drei Nächte. Ich male mir aus, wie ich durch die Hallen streife. Wichtige Leute treffe (weil im Schlepptau von der kontaktfreudigsten Autorin, die ich kenne :-)). Kontakte knüpfe. Lesungen lausche. Bücher rieche. Lache. Lese. Leben spüre ...
Ich werfe den Anker nach dem Wow-Gefühl, das ich gerade so schrecklich vermisse und partout nicht zu fassen kriege. Und ich spüre es: Das Seil spannt sich und ich reite die Wellen, die mein Oben nach Unten kehren und mir suppendick die Sicht vernebeln.
Ich bin wieder obenauf.
Naja. Ein bisschen wenigstens.
Hoffentlich so lange, bis das schiffbrüchige Selbstbewusstsein wieder irgendwo an Bord geht.
Solange klammere ich mich an meinen Anker. Und die Vorstellung, dass sich Wünsche erfüllen.

Montag, 11. Oktober 2010

Ich schäme mich

Wer meine Bücher kennt, kann sich vielleicht auch ein Bild von meiner Lebenseinstellung machen. Ich habe gerade im letzten Jahr, im Zuge meiner Recherchen zu den beiden Geschichten mit "Integrations-Hintergrund" ("Störfaktor" und "Grenzenlos nah") viele spannende Menschen kennengelernt, die das Schicksal nach Österreich verschlagen hat - und über die sich Österreich mehr als freuen könnte.
Nein. Dafür schäme ich mich nicht!
Sondern für das Wahlergebnis des vergangenen Wochenendes.
Was müssen diese Menschen denken, die schon einmal alles verloren haben und nun in einem freien, sozial abgesicherten und friedlichen Land einen Neubeginn wagen? Die ihr Wissen, Können, Arbeitskraft und sich selbst einbringen? Wie fühlen sie sich nach so einer Demonstration von Engstirnigkeit, Ablehnung, Xenophobie?
Warum sind wir nicht in der Lage zu einem konstruktiven Miteinander?
Hat die Geschichte noch nicht genug gelehrt? Im Guten wie im Schlechten ...
Wie glorreich waren die Jahre, in denen das Sammeln von Weisheit und das Vereinen unterschiedlichster Kräfte zu einem konspirativen, sich gegenseitig befruchtendem Ganzen im Zentrum gestanden sind? Ich denke an die Zeit des friedlichen Zusammenlebens aller Glaubensrichtungen z.B. in Spanien, wo christliche und islamische Lebenshaltungen einander nicht ausgeschlossen, sondern inspiriert haben. Oder die beeindruckenden (Bau)Werke in Indien, geschaffen von weitsichtigen Herrschern, die nicht ausgegrenzt, sondern vereint haben.
(Um nur zwei willkürlich aus der Geschichte herausgegriffene Beispiele zu nennen - von denen es bestimmt noch viele mehr gibt).

Ich schäme mich dafür, in einem Land zu leben, wo Verhetzer, die Hass und Ausgrenzung säen, derart regen Zulauf bekommen - auch wenn ich in diesem Fall leider meine Stimme nur als entsetzter Bürger erheben kann, der im Nachbarbundesland zum Zuschauen verdammt ist.
Aber so ganz ohne Worte kann ich nicht zur Tagesordnung übergehen. Wenigstens hier möchte ich meine Stimme zum Protest erheben - und einen Aufruf zu Toleranz, Nächstenliebe und Integration über die Grenze schicken. Auch wenn mir klar ist, dass die Parolen der Verhetzer lauter klingen.
Doch sagte ich nichts, würde ich an meiner Scham ersticken ...